Donnerstag, 30. Januar 2014

Pictures of people making pictures of people. Oder wie man sich selbst und andere professionell bescheisst



Vor ziemlich genau einem Jahr wanderte eine Studie der Humboldt Universität über jede Facebookwall. Obwohl die Befragung mit nur 600 Teilnehmern nicht repräsentativ war, bestätigte sie eine Vermutung von vielen: Dass uns Facebook neidisch macht, hauptsächlich mit Urlaubsbildern. "Freizeit-Neid" nannten das die Wissenschaftler. Emsig wurde die Studie geshart, der Frequenz von Strand-Postings tat das natürlich keinen Abbruch.

Ich brauche logischerweise nicht den ersten Stein werfen: Ich blogge ja auch dauernd und prahle mit unseren Bildern rum. Allerdings beobachten wir auf unserer Reise einen neuen Trend: Die Professionalisierung von Laienfacebook-Bildern.

Früher knipste man mit seiner Digicam den Strand, lud das Bild hoch, wartete auf etwaige Likes und fertig. Die Kamera war ein Standardmodell von Mediamarkt oder Saturn, am besten von einer Restpostenauflösung. Alles was unter 100 Euro kostet, tut weniger weh, wenn es in Hintertimbuktu geklaut wird. Dann gibt es natürlich noch die Gschaftlhuber, die mit fetten Objektiven und Stativen rumrennen, aber die fotografieren weniger für Facebook als für den Diavortrag zuhause. Der durchschnittliche Traveller besaß nur eine digitale Weiterentwicklung einer Fuji Quicksnap.

Schon in Thailand fiel uns auf, dass jeder Hanswurscht seine Kamera jetzt in ein wasserdichtes Häuschen setzt. Damit kann man ganz hervorragend Bilder im Wasser machen. Nicht zwingend unter Wasser, aber vom Boot, beim Planschen und überhaupt. Außerdem besitzt der Normalo-Flashpacker jetzt auch ein ultraleichtes Ministativ. Das eignet sich besonders, um auf Festen Bilder von gaaaanz weit oben auf die Party-Crowd zu machen. Oder Minifilmchen zu drehen, wenn man über Märkte schlendert. Und es ändert die Selfie-Perspektive, sodass man nicht mehr mit angespannt verkrampfter Halsmuskulatur auf Selbstproträts zu sehen ist.

Aber das ist noch lange nicht das Ende. Ein Bild will schließlich optimiert werden. Deshalb kloppt man sich im neonfarbenen T-Shirt um die Schattenplätze an der Beachbar, damit das Display vom Airbook oder iPad nicht so sehr von der Sonne reflektiert. Während Anfänger nur mit der "Verbessern"-Funktion von iPhoto hantieren, hat der größte Teil ein semiteures Bildbearbeitungsprogramm gekauft, mit dem man hervorragend die Farben intensivieren und Saufschäden aus dem Gesicht beseitigen kann.

Als Konsequenz bedeutet das: Kein Bild, das uns auf unserer Facebookwall angezeigt wird, bildet die Wahrheit ab. Oh my God! Auch ich lasse regelmäßig iPhoto ein bisschen retouchen. Umso größer ist die Freude, wenn das Programm von sich selbst aus sagt: Nothing to improve. Wie bei dem Strand hier in Boracay. Der sieht wirklich so aus.

Woran ich aber auf dieser Reise auch großen Spaß habe: Leute zu beobachten, wie sie viiiiiel Zeit darauf verwenden, das richtige Foto für zuhause zu machen, um ein bisschen mehr Öl ins Freizeit-Neid-Feuer zu kippen.

Let it burn, motherfucker!







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